Trucks

Wie Konnektivität und KI die Betriebszeit von Lkw verbessern

Robert Valton Elke Decaluwé
2024-07-10
Technologie und Innovation Mobilität
Authors
Robert Valton
Director Data, Analytics & AI
Elke Decaluwé
VP Technical Dealer Support

Moderne Lkw erzeugen riesige Mengen an Daten in jeder Minute, in der sie in Betrieb sind. Aber wie werden diese Daten genutzt? Wie können sie den Lkw-Besitzern zugutekommen? Und was bedeutet das für die Zukunft des Transportwesens?

 

Heutzutage ist ein typischer Schwerlast-Lkw mit über 100 Sensoren ausgestattet. Zum Vergleich: Ein Smartphone hat zehn. Jede Minute sendet ein Lkw etwa 20 Gigabyte Daten – das entspricht dem Streaming von 1800 Stunden Musik auf Spotify. In derselben Minute meldet er 60.000 Mal seine Position, empfängt über 600.000 verschiedene Messwerte und drei Millionen Log-Nachrichten.

 

Wenn man diese eine Minute mit der Anzahl der Minuten im Betriebsleben eines Lkw multipliziert, wird die Menge an erzeugten Daten unvorstellbar gross. Doch anstatt in diesen Daten zu ertrinken, verlangen die Datenwissenschaftler in der Branche nach noch mehr Daten.

 

„Je mehr Daten, desto besser“, erklärt Robert Valton, Leiter für Daten, Analytik und KI bei der Volvo Group. „Mit unserer Datenwissenschaftskompetenz und den fortschrittlichen analytischen Methoden und Werkzeugen, die uns zur Verfügung stehen, sind grosse Datenmengen kein Problem – sie sind eine Chance. Sie ermöglichen uns, noch tiefere Einblicke in das Verhalten des Lkw zu gewinnen und besser zu verstehen, wie er funktioniert, um den Transport und die Unterstützung unserer Kunden zu optimieren.“

 

Die Evolution vernetzter Lkw

In den frühen 1990er Jahren wurden die ersten vernetzten Lastwagen auf den Markt gebracht, und seitdem wächst die Zahl der vernetzten Fahrzeuge kontinuierlich. Die Menge an erzeugten Daten ist in den letzten 30 Jahren exponentiell gestiegen, doch die Herausforderung bestand darin, Wege für die Nutzung der Daten zu finden, damit sie für Lkw-Besitzer und Transportunternehmen einen Mehrwert schaffen.

 

„Die Geschichte, wie wir Daten von Lastwagen nutzen, lässt sich in vier Phasen unterteilen“, sagt Robert. „Zuerst waren wir reaktiv und haben die Daten analysiert, um festzustellen: Was ist passiert? Dann, mit der Konnektivität, begannen wir, die Daten in Echtzeit zu betrachten und zu ermitteln: Was passiert gerade? In den letzten Jahren haben wir uns damit beschäftigt, was passieren wird, und Massnahmen ergriffen, um es zu verhindern – Echtzeitüberwachung ist ein gutes Beispiel. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter und nutzen Daten und KI als Kristallkugel, um zu bestimmen, was wir gerne geschehen sehen würden, um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen."

 

Die Daten eines Lkw können zur Vorhersage und Vermeidung von Pannen und damit zur Verbesserung der Betriebszeit genutzt werden.

Wie man Lkw-Daten zur Vermeidung von Pannen nutzt

Konnektivität ist der Schlüssel zur präventiven Wartung – dem Konzept, Pannen vorherzusagen und zu verhindern, bevor sie überhaupt passieren.

 

Durch die Analyse der riesigen Datenmengen, die aus Fahrzeugen gewonnen werden können, und den Einsatz von maschinellem Lernen ist es möglich, gemeinsame Muster und Faktorenkombinationen zu identifizieren, die zu einem bestimmten Fehler führen. Diese Informationen können dann verwendet werden, um Modelle zur Vorhersage und Vermeidung ähnlicher Fehler in anderen Fahrzeugen zu erstellen.

 

„Wir senden der zuständigen Werkstatt eine Warnung, damit sie einen passenden Zeitpunkt für den Kunden vereinbaren kann, um das Problem zu diagnostizieren, bevor es zu einer ungeplanten Panne kommt“, sagt Elke Decaluwé, Vizepräsidentin für Technischen Händler-Support bei Volvo Trucks. „Für die Kunden bedeutet dies eine erhöhte Betriebszeit und die Vermeidung all der Kosten, die mit einer Panne verbunden sind, wie etwa Einkommensverluste und Schäden am Ruf des Unternehmens.“

 

Heute sammeln Elke und ihre Kollegen Daten von einer Flotte von fast 85.000 Lastwagen, die in ganz Europa im Einsatz sind. Ihre Arbeit hat sich in den letzten Jahren dank neuer Fortschritte in der Konnektivität und Datenanalyse dramatisch verändert.

 

Als sie 2016 anfingen, überwachten sie eine Flotte von nur 600 Lastwagen für eine Komponente – die Batterie – und es dauerte einen ganzen Tag, um eine Überprüfung abzuschliessen. Heute werden 11 verschiedene Komponenten überwacht und eine Überprüfung kann alle acht Minuten abgeschlossen werden. Rund 4.000 Warnmeldungen werden monatlich verschickt, von denen geschätzt wird, dass 77 % ungeplante Pannen verhindern.

 

Da die Entwicklung weiterhin in rasantem Tempo voranschreitet, müssen die Datenmodelle und Algorithmen kontinuierlich verfeinert und verbessert werden.

 

„Lastwagen sind nicht statisch und entwickeln sich ständig weiter, sodass sich auch die Daten weiterentwickeln“, sagt Elke. „Wenn wir eine Panne übersehen oder eine Warnung nicht funktioniert, ist das ein Signal, genauer hinzuschauen und zu prüfen, ob unsere Modelle angepasst werden müssen."

„Mit KI können wir noch mehr Analysen direkt an Bord des Lkw durchführen... Es wäre fast so, als hätten wir einen kognitiven und selbstheilenden Lastwagen.“

Die Zukunft der Konnektivität und vernetzter Lkw

Die Weiterentwicklung der KI hat das Potenzial, die aktuellen Modelle noch genauer und umfassender zu gestalten. Da KI in der Lage ist, weitaus grössere Datenmengen zu analysieren, kann sie bisher unbekannte Muster und Verbindungen zwischen Datenpunkten erkennen.

 

„Traditionell verfolgt man in der Datenanalyse einen hypothesengesteuerten Ansatz, bei dem man die Parameter auswählt, von denen man glaubt, dass sie relevant sind“, erklärt Robert. „Mit einem KI-gesteuerten Ansatz betrachtet man alle verfügbaren Daten des Lastwagens, unabhängig davon, ob man sie für relevant hält oder nicht. Wir können auch andere Datenquellen einbeziehen, wie Wetter- und Transportbedingungen. So können wir Modelle erstellen, die noch präziser sind und weiter in die Zukunft blicken.“

 

KI könnte auch den Weg für intelligente Lastwagen ebnen – Fahrzeuge, die in der Lage sind, sich selbst effektiv zu diagnostizieren und zu reparieren.

 

„Heute senden wir Daten vom Lkw an das Backend eines Überwachungszentrums. Aber mit KI könnten wir mehr Analysen direkt an Bord des Lastwagens durchführen. Wenn ein Problem auftritt, würde es automatisch Diagnosen durchführen und das Problem durch Softwareanpassungen lösen. Es wäre fast so, als hätten wir einen kognitiven und selbstheilenden Lastwagen, der die Betriebszeit optimiert und mehr Transport mit weniger Klimaauswirkungen ermöglicht.“